Komet Tschuri gibt seine Geheimnisse preis – Physikvortrag von Kometenforscher aus Göttingen

**Marburg. **Es war eine der spannendsten und lustigsten Missionen der letzten Forscherjahre: Wissenschaftler dringen in die Weiten des Weltraums vor, wo noch nie zuvor ein Mensch geschaut hat – und finden eine Quietsche-Ente. So zumindest offenbarte sich der Komet Tschuri den überraschten Astronomen wie Harald Krüger vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung aus Göttingen. Die Badewannen-Ente war nicht nur wissenschaftlich spannend, sondern auch äußerst publikumswirksam. Vor ein paar Tagen stellte Krüger die jüngsten Erkenntnisse vom enten-förmigen Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko, Kosename: Tschuri, einem großen Publikum im Physikgebäude des Renthofs vor.

Harald Krüger vom MPI in Göttingen (Bild: m_)
(Bild: H Krüger vom MPI in Göttingen)

Kometen bestehen aus zusammengeballtem Staub und gefrorenem Eis. Das macht sie tiefschwarz, weshalb manche Forscher sie auch als dreckige Schneebälle bezeichnen. Sie sind bis zu zehn Kilometer groß. Wenn sie auf ihrer schiefen Bahn in die Nähe der Sonne gelangen, verdampft das Material. Es bildet sich der typische, Millionen Kilometer lange Kometenschweif. Mit der Rosetta-Philae-Mission wollte nun die europäische Raumfahrtagentur ESA mit ihren Partnerorganisationen und Forschern wie Krüger den Kometen mit einer Raumsonde Rosetta besuchen, in eine Umlaufbahn einschwenken und die Tochtersonde Philae auf dem Kometen absetzen. Das Landegerät Philae sollte just in der Phase, in der Komet Tschuri sich am sonnennähsten Punkt um die Sonne bewegt auf der Oberfläche hocken und sich umschauen. Das gelang allerdings nur zum Teil.

Nach zehn Jahren Tour und Schwungholen im Sonnensystem traf die Raumsonde Rosetta im August 2014 bei Tschuri ein. Im Bild der Bordkamera sah der Komet zunächst aus wie eine Erbse, dann etwas näher wie eine Erdnuss, dann offenbarte sich die Entenform. Im Durchmesser ist Tschuri in etwa so groß wie Marburg. Die Auswertung der Daten ergab, dass „Kopf“ und „Rumpf“ ursprünglich zwei getrennte Kometen waren, die kollidierten und dann aneinander kleben blieben, berichtet Krüger. Aus den brillanten Bildern und den Messdaten von einem Dutzend Instrumenten der Raumsonde Rosetta konnten die Forscher die Zusammensetzung und Aktivität des Kometen genauer untersuchen. „Der Komet besteht wohl zur Hälfte aus Wasser“, schätzt Krüger. Die Oberfläche ist zunächst bis zu zehn Zentimeter tief mit Staub bedeckt. Dann kommt eine meterdicke Schicht mit festem Gletschereis, schließlich weiteres poröseres Eis.

Die Zusammensetzung deckt sich zumindest mit der Hypothese, dass unsere Erde in der Zeit der Planetenentstehung ihr Wasser von hereinprasselnden Kometen erhalten hat. Auch können die ersten organischen Moleküle, aus denen sich später Leben entfaltete, von Kometen stammen.

Im Schritttempo macht sich der Lander Philae auf den Weg. (Bild: ESA)
(Bild: Durch die Dunkelheit macht sich Philae auf zu Tschuri.)

Leider haben nicht alle Instrumente der Mission funktioniert. Die Landefähre Philae konnte sich beim Absenken auf die Kometenoberfläche im November 2014 nicht festhaken. Sie hüpfte im langsamen Schwebeflug davon und blieb in einer Felsenspalte hängen. Ohne ausreichend Sonnenlicht auf den Solarzellen ging den Instrumenten nach sechzig Stunden der Saft aus. Vergangene Woche haben die Forscher nach vielen Wiederbelebungsversuchen den Lander aufgegeben. Das Mutterschiff Rosetta umkreist unterdessen weiter um den Kometen. Mit 60.000 Bilder ist der Himmelskörper bis in jede Pore komplett kartiert, berichtet Krüger. Komet Tschuri bewegt sich nun von der Sonne weg. Im September wird Rosetta dann ebenfalls auf dem Kometen aufsetzen und so zur ewigen Ruhe gebracht.

Nächstes Projekt wäre, auf einem Kometen zu landen und Material auf die Erde zurück zu bringen. In den Labors könnten die Proben dann genau untersucht werden, sagt Krüger.
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Studieren in Mittelhessen**

Studierende können in die Astronomie und Astrophysik an den einschlägigen Fachbereichen der Universitäten wie in Göttingen, Heidelberg oder Bonn einsteigen. In der Luft- und Raumfahrttechnik zählt die Universität Stuttgart zu einer guten Adresse. An der Technischen Hochschule Mittelhessen sowie der Universität Gießen basteln Studierende an Ionenstrahl-Triebwerken für Raumsonden. Da Physik das Grundgerüst für Astronomie und Astrophysik stellt, können Bachelorstudierende auch am Fachbereich Physik der Universität Marburg ins Studium einsteigen. Seit März 2015 ist dort Andreas Schrimpf Professor für Astronomiegeschichte und beobachtende Astronomie.

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